Didaktik-Labor, Helmut M. Selzer
 

 

Schul-Kleinstaaterei

Die weltweite Bloßstellung der deutschen Schulen z.B. durch OECD-Studien ist vor allem eine Bloßstellung der Schulbürokratien in den 16 Ländern der BRD. Das Häufchen der 16 heillos überforderten Bürokratievorsteher/innen denkt offensichtlich am liebsten in Kategorien der deutschen Kleinstaaterei des frühen 19. Jahrhunderts. Es fehlen den meisten Schulministern Leitbilder und es fehlt der politische Wille die deutschen Schulbürokratien zu reformieren und die Gesellschaftsaufgaben Lehren und Lernen in eine akzeptable Gegenwart und eine perspektivenreiche Zukunft zu entlassen.

Da der föderale deutsche Kleinstaat nur wenige Aufgaben in eigener Verantwortung allein zu lösen hat, wird viel Engagement darauf verwendet die eigene Unverwechselbarkeit vor allem im Schulbereich und in der Lehrerbildung zu dokumentieren. Landes-Parteipolitik wird mit einem siebengliedrigen Schulsystem (Grund-, Haupt-, Real-, Gesamtschulen, Gymnasien, Sonderschulen, berufsbildende Schulen mit Hochschulzugang) gemacht, oft zu Lasten von Schülern, Eltern, Lehrern.

Die weltweite Bloßstellung der deutschen Schulen war überfällig. Fortschrittliche und verantwortungsaktive Lehrer/innen wissen seit Jahrzehnten, daß mit der sie beherrschenden Schulbürokratie kein Staat, erst recht nicht gute Schule zu machen ist.

Nicht erstaunlich dagegen das Verhalten der 16 in der KMK versammelten Bürokratievorsteher/innen. Sie rücken zusammen und ziehen die Köpfe ein, wenn es massive Schelte gibt, um nach dem Unwetter wieder fröhlich ihre Schul-Kleinstaaterei unter Gezänk mit parteienpolitischem Auftrag fortzuführen. Spaltung war in den 11 Ländern der BRD vier Jahrzehnte lang das Schlüsselwort für die Schulpolitiken. Spaltende Besserwisserei ist auch das Motto der Zukunft.

Eine nächste OECD-Studie zum verhängnisvollen Einfluß der Schulbürokratien in den 16 deutschen Kleinstaaten des 21. Jahrhunderts ist überfällig.


Helmut M. Selzer
23.09.2004




Referenz: Auch wenn im Text personenbezogene Substantive zumeist maskulin gebraucht werden, sind stets Frauen wie Männer benannt.


Dieser Text erschien in gekürzter Fassung als Lesermeinung in der taz vom 27.9.2004

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